Ankündigungen

Global Spine Congress in Bangkok

15.05.2024 - Bangkok, Thailand

Als eine der größten Zusammenkünfte von Tausenden von Wirbelsäulenchirurgen aus der ganzen Welt bietet dieser Kongress ein hervorragendes Forum, um Ideen auszutauschen, sich mit anderen Wirbelsäulenex

mehr erfahren


1. OTC Wirbelsäulen Cad Lab Kurs Göttingen

08.10.2024 um 16:00 Uhr - Zentrum für Anatomie, Universitätsmedizin Göttingen, Kreuzbergring 36, 37073 Göttingen

Komplexe dorsoventrale Fusions- und Korrekturtechniken an BWS und LWS

mehr erfahren


Aktuelles

Weblog

Malawi 2018 - Visiting Spine Surgeon

Reisevorbereitung

Johann Wolfgang von Goethe sagte: „Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.“  Zu Goethes Zeit mag das tatsächlich so gewesen sein.  Ich entschließe mich trotzdem, meinen Freund und Kollegen mit dem Flugzeug zu besuchen, denn der Weg zu Fuß vom Südstadt Klinikum in Rostock zum Mzuzu Central Hospital in Südostafrika beträgt 10.788km oder 2038 Stunden, wenn man Google Maps glauben darf. Mit der Lufthansa in einer Boeing 737 und African Airways sind es dann nur 18 Stunden. 

Diese Reise unternehme ich aus Interesse an Afrika und meinem Freund und Kollegen Boston M. Auch er ist Unfallchirurg und Orthopäde und möchte in seinem Heimatland die Wirbelsäulenchirurgie weiter auf- und ausbauen. Es sind die Erzählungen Bostons, die mich neugierig gemacht haben:  Seine Heimat, die tolle Landschaft mit ihrer subäquatorialen Fauna und Flora, sowie das medizinische Versorgungsystem im Land. Im ganzen Land gibt es nur ein funktionierendes MRT!  An seiner Heimatklinik nicht einmal ein CT, nur Röntgen.  Für ein CT müssen die Patienten in Mzuzu 700 km in die Hauptstadt und zurück fahren.

Malawi gehört zu den kleineren afrikanischen Ländern mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von 850km.  Malawi ist ca. 350km breit und wird vom Malawisee oder Njassasee, dem neuntgrößte See der Erde, geprägt. Malawi erlangte 1964 seine Unabhängigkeit von dem Englischen Königreich.  Der Linksverkehr und die UK Stecker zur Stromversorgung sind geblieben. Das Land ist landwirtschaftlich ausgerichtet und überwiegend christlich (83%) geprägt. Die Nationalsprache ist Chichewa mit Englisch als offizieller Landessprache. Hinzu kommen mindestens sieben weitere Sprachen, die mehr oder weniger weit verbreitet sind.

Anreise

Anreise

Ein paar Medikamente gehören diesmal dazu, denn die Dt. Gesellschaft für Tropenmedizin empfiehlt Malaria-Prophylaxe! Ich nehme Malarone, ein sündhaft teures Kombinationspräparat, seit vorgestern ein. Die zusätzliche Einnahme eines umfangreichen Vitamin-B-Komplexes soll die Blutsauger und Träger der gefürchteten Plasmodien von mir fernhalten.

Ich möchte mich während meines Aufenthaltes über die lokalen Gegebenheiten an einem der fünf Zentralkrankenhäuser Malawis, dem Mzuzu Central Hospital, genauer informieren. Die Zahl „5“ gewinnt eine besondere Bedeutung, wenn man erfährt, dass für alle mittlerweile 18 Mio. Einwohner nur fünf Wirbelsäulenchirurgen operieren und behandeln!

Der Hinflug geht über Frankfurt, weiter nach Johannesburg und schließlich nach Malawi. Die Flugdauer für den Abschnitt von Deutschland nach Südafrika beträgt 10.5h.  Dann nochmal zwei Flugstunden zurück in nördöstlicher Richtung von Johannesburg nach Lilongwe, der Hauptstadt Malawis.  Ich reise im trockeneren und kühleren afrikanischen Winter in der Zeit von Mai bis August mit durchschnittlich 14 °C bis 24 °C. Malawi macht seinem Slogan „Das warme Herz Afrikas“ auch in Hinblick auf das Wetter mit subtropischem Klima im „Winter“ alle Ehre.

Lilongwe

Lilongwe

Endlich da. 12:00Uhr Ortszeit. Keine Zeitzonendifferenz, aber trotzdem ziemlich müde. Das Wetter ist schön. 24° C und nur ein paar Wölkchen am Himmel.

Auf Anraten meine Freundes habe ich etwas Bargeld in EUR und in US$ mitgenommen. Somit tausche ich erstmal etwas davon in die Landeswährung, Malawi-Kwacha. Ein Euro entspricht aktuell 851 MWK. Vom Flughafen fahren wir in die Stadt. Lilongwe wurde 1906 an dem gleichnamige Fluss gegründet und ist die Hauptstadt in der Central Region Malawis. Sie hat rund 1.1 Mio. Einwohner, wobei die Bevölkerung schnell weiter wächst.

Boston holt mich um 09:30Uhr an meiner Lodge ab. Die Unterkunft gehört schon zur gehobenen Klasse und schlägt mit 50Euro pro Nacht zu Buche. Unter dem Mosquito-Netz läßt es sich ruhig schlafen. Wir fahren mit dem PkW durch die Stadt, die in sogenannte Areas (Wohngebiete) unterteilt ist. Straßenschilder oder Hausnummern: Fehlanzeige. Obwohl Fernbusse zwischen den Städten verkehren, findet man hier keine öffentlichen Verkehrsmittel bis auf private, bis unter das Dach mit Fahrgästen vollgestopfte Kleinbusse, die man individuell stoppen muss oder einfach am Straßenrand zusteigen, wo immer sie gerade halten. Ohne fremde Hilfe bzw. Ortskenntnis ist man hier ziemlich auf verlorenem Posten. Der Verkehr ist chaotisch und erinnert mich ein bisschen an Indien.  Lediglich das Hupkonzert fehlt. Viele Leute sind zu Fuß und mit dem Fahrrad am Straßenrand unterwegs. Schwere Lasten werden auf dem Kopf getragen oder mit einfachen Hilfsmitteln und Gestellen auf dem Rad oder dem Handkarren transportiert.  Illegal geschlagenes Brennholz kommt auf diese Weise aus dem Umland auch in die Stadt.  

Ich bewundere die Ausdauer und Zähigkeit der Menschen, die solche Strapazen in der Hitze hinnehmen müssen und auch lange Wege zu Fuss zurückzulegen können. Dementsprechend schlank und zierlich sind die allermeisten Bewohner dieser Stadt. Fettleibige Leute sieht man im Stadtbild kaum. Boston bestätigt diese Beobachtung auch bei seinen Patienten, die selten mehr als 50-70kg wiegen.  Sein trockener Kommendar dazu ist, dass dies wahrscheinlich einer der wenigen positiven Aspekte der Armut sein wird: Keine Fettleibigkeit und andere damit assoziierte Wohlstandskrankheiten... 

Wir besuchen noch einen Markt auf dem reges Treiben herrscht und kräftig gehandelt wird, gehen in einen südafrikanischen Supermarkt und sehen uns ein paar Verwaltungs- und das Parlamentsgebäude an, von denen es hier in der Hauptstadt viele gibt. Viele Botschaften und NGO haben ebenfalls ihre teils mondän anmutenden Gebäude und Niederlassungen in der Stadt. Auch sind die Gehälter von Angestellten dieser NGOs und anderer wohltätiger Organisationen deutlich besser als die der Beamten und Staatsangestellten. Ein bisschen Neid schwingt mit, als ich von Boston erfahre, dass unglaublich viel Geld in die HIV Behandlung und Forschung fließe, jedoch nichts davon bzw. deutlich weniger in Orthopadic und Spine Surgery ankommt.  Als Unfallchirurg eines Government Hospitals verdient man hier ca. 1000$ im Monat.  Als Internist und HIV-Spezialist bei einer Spendenorganisation fällt der Gehaltscheck mit 4000$ deutlich besser aus. 

Dann sehen wir uns zwei Krankenhäuser an.  Ein großes Gouvernement Hospital in dem Boston neun Jahre gearbeitet hat und ein moderneres südkoreanisches Missionary Hospital.  Ohne Spenden und Zuschüsse von außen, die insgesamt 40% des Staatshaushalts ausmachen, wäre das Land wohl kaum funktionsfähig. Es fehlt an allen Ecken und Enden.  Korrupte Politiker und die Notwendigkeit für Schmiergeldzahlungen sind leider an der Tagesordnung, wenn man etwas braucht, ein Grundstück kaufen oder ein Geschäft eröffnen möchte.  Auch die Polizisten halten ständig beide Hände auf, z.B. wenn es um Fahrzeugkontrollen und andere Banalitäten geht.

Die Sonne geht in der Frühe schnell auf und Abends genauso schnell wieder unter. Um 18:00Uhr ist es komplett dunkel.  Auch deshalb, weil  regelmäßig nicht genug Strom für alle da ist.  In den Wohnbezirken wird der Strom deshalb alternierend einfach für mehrere Stunden, mal hier mal da, abgedreht.  Wenigsten kann man den tollen afrikanische Sternenhimmel auf dies Weise auch mitten in der Stadt genießen.

Kansankha Bay - Lake Malawi

Day 4

Wir fahren ca. 90km an den Lake Malawi in die Kansankha Bay.  Die Straße dorthin ist einspurig.  An den Straßenrändern ebenfalls reger Verkehr mit Fußgängern, Radfahrern und Karren. Ab und zu winken Kinder mit Hühnern in den Händen am Straßenrand, um auf sich aufmerksam zu machen und ihre flatternde Ware den Vorbeifahrenden feil zu bieten. Besonders die Menschen auf dem Land legen weite Strecken zu Fuß zurück. Boston ist auf dem Land aufgewachsen. Er erzählt, dass er während seiner Schulzeit 20km hin und nachmittags wieder zurück gelaufen sei. Das macht 40km per pedes! Ich erinnere mich, dass mein Schulweg gerade mal 2.7km mit dem Fahrrad betragen hat und ich das damals teilweise als anstrengend empfunden habe. Rückblickend schäme ich mich schon ein bisschen dafür, wenn man dies hier gesehen hat. 

Wir verlassen die Stadt. Es geht weiter durchs Land. Die Häuser werden zu Hütten und kleinen Baracken am Straßenrand. Davor brennt hier und da Feuer zum Kochen, Wärmen am Abend und in der Nacht oder einfach nur so zur Müllentsorgung.  Brennholz wird meistens illegal geschlagen, so dass sich die Landschaft nachhaltig verändert hat.  Lediglich auf Friedhöfen, den National Parks und militärisch gesichertem Gelände findet man noch die ursprüngliche Vegetation mit vielen Bäumen. 

In der Stadt werden die Hotels und besseren Wohngegenden mit schönen Villen und üppigen Gärten streng bewacht.  In Bostens Nachbarschaft hat man ebenfalls vorgesorgt und zusammengelegt.  Ein privater Sicherheitsdienst ist beauftragt, um die Zufahrtsstraße zum Viertel rund um die Uhr zu bewachen. Zusätzlich sind zwei Hunde am Haus, die Grund und Boden bewachen, wenn die Familie außer Haus ist. Offensichtlich auch notwendig, denn unlängst hat man ihm alle vier Reifen und die Autobatterie gestohlen – direkt vor seiner Haustür.

Als Unfallchirurg und Orthopäde hat man gelegentlich auch Arbeit mit Dieben. Da die Polizei, wie zuvor berichtet, hier nicht den besten Ruf hat und oft einfach zu spät kommt, wenn man sie braucht, kommt es vor, dass die Bestohlenen, direkt vor Ort für Gerechtigkeit (lynch mob) sorgen. D.h. wird der Dieb gefasst, so kann es passieren, dass die Geschädigten den Delinquenten derart vermöbeln, dass lebensbedrohliche Verletzungen (extrajudicial killing) die Folge sind. Boston hat diese Folgen von Lynchjustiz schon oft behandelt. In einem Fall schnitt man dem Dieb die Beugesehen beider Hände kurzerhand durch. Auch eine Art, dafür zu sorgen,  dass er die nächste Zeit nichts mehr klaut.

Road Trip

Road trip

Heute heißt es wieder Koffer packen. Wir fahren mit dem PkW nach Norden. Dieser Road Trip entwickelt sich zu einem Erlebnis der besonderen Art. Aber dazu später mehr. 

Die mit Abstand beliebteste KfZ-Marke in Malawi ist Toyota und dominiert das Straßenbild mit ca. 80% aller PkWs.  Die Japaner werden als Gebrauchtwagen per Internet bestellt und aus Japan importiert. Ersatzteile sind überall verfügbar und die Instandhaltungskosten überschaubar. Größere, schwere Wagen (SUV, V8 Landcruiser, Pick-up Trucks usw.) werden oft von Regierungsbeamten, Richtern oder anderen Leuten mit Geld gefahren und sind nicht nur wegen ihres Kennzeichens, z.B. "MG" für Malawi Government oder "JUD 1" Richter (engl. Judge) Eins, leicht zu erkennen. Understatement ist in den politischen und finanzstarken Bevölkerungsschichten gerade nicht angesagt.

Bostons Wagen ist ein kleiner neun Jahre alter Toyota mit einer sparsamen 1l-Maschine.  Die drei Zylinder brummen zuverlässig unter der Kühlerhaube, werden gut gewartet und sind sparsam. Eine halbe Tankfüllung (22l) soll uns für die fast 400km von Lilongwe nach Mzuzu, der Hauptstadt des Nordens, reichen. Ein Liter Benzin bezahlt man 820 MK, also ungefähr einen Euro.  Wenn man bedenkt, dass das durchschnittliche Jahres-Pro-Kopf-Einkommen der insgesamt 16 Mio. Einwohner Malawis nur 1140 US$ beträgt, wird wieder klar, dass Autos in diesem Land ein nur für wenige leistbarer Luxus sind. 

Für unseren Weg durch das Landesinnere wählen wird die M1, die in Nord-Süd Richtung über das höher gelegene Viphya Plateau führt.  Wir haben uns bei der Abreise verspätet.  Da wären zunächst mal die 1.5h Wartezeit auf Boston in der Lodge. Dann weitere 2h Verspätung wegen eines Versicherungsagenten, der irgendwie mit Spanien telefonierte.  Ihn mussten wir zweimal aufsuchen, um die für Bostons Visum notwendige Reise-Versicherung für den Gegenbesuch in Deutschland im August zu bekommen. Nochmal eine Stunde für das Schwätzchen Bostons mit seinem Vermieter, der unerwartet auftauchte. Es geht hier nicht alles "zack-zack" wie daheim. Darauf habe ich mich bereits eingerichtet und kann auch hervoragend damit leben :-) 

Die ersten 100km herrschen schlechte Straßenverhältnisse.  Dies bessert sich später.  Der IMF hielt die Sanierung der M1 im nördlichen Landesteil als „Lebensader“ des Landes für dringend erforderlich und hat den Straßenbau finanziell unterstützt. Insgsamt werden 40% des gesamten Landeshaushalts Malawis durch Spenden finanziert. Der Transport von Ware auf der Schiene ist in Ermangelung derselben als ökologisch, wirtschaftlich sinnvolle Alternative zu den vielen Trucks leider nicht möglich.  

Die Zeit während unserer anfangs entspannte Fahrt wird musikalisch begleitet mit interessanten Playlists aus toller rhythmisch, typisch afrikanischer Musik bis zu einem Unfall.  Die Fahrbahn ist komplett gesperrt. Die Umleitung geht direkt in den Busch. Prinzipiell interessiere ich mich als Jäger sehr für den Urwald. Leider ist es bereits stockdunkel, so dass man wenig sieht.  Abseits der Straße und fern jeder Menschensiedlung tut sich jedoch ein Sternenhimmel der Extraklasse auf. Ich habe noch nie derart viele Sterne und Galaxien am Firmament gesehen. Einfach toll und absolut beeindruckend. Wir poltern weiter mit Tempo 20 auf der extrem sandig-staubigen Buckelpiste. Jetzt wird mir klar, warum das Luftfilter alle paar Tage gereinigt werden muss. In der Regenzeit würde der Schlamm allerdings noch größere Probleme machen, da man leicht stecken bleiben kann. Boston nimmt den  ungewollten Exkurs mit großer Gelassenheit. Seine off-road Fahrkünste zeigen mir, dass er das hier nicht zum ersten Mal macht. Wie lange das so wohl noch weitergehen mag?  Boston meint, wahrscheinlich noch 20km in den Busch und 20km zurück. Unglaublich! Aber es wird noch besser.  Nach ca. 45min Fahrzeit begegnen sich zwei riesige LKWs mit Bezin aus dem benachbarten Tanzania. Nun ist Schluss. Unsere bush road ist einfach zu eng. So kommen die Tanklaster nicht aneinander vorbei. Also im Rückwärtsgang wieder ein paar Kilometer zurück und abwarten, bis die LKWs "ihr" und jetzt auch unser Problem irgendwie gelöst haben. 

Alles in allem brauchen wir mehr als 6.5h nach Mzuzu. Auf dem letzten Teil der Strecke befinden sich noch wirkliche Urwälder. Auch große Anpflanzungen von Kiefern sind zu sehen, die bei den klimatischen Verhältnissen nur 11 Jahre bis zur Ernte brauchen. Eukalypus-Bäume haben starkes Holz und gerade Stämme. Sie sind deshalb besonders für die Masten der Strom- und Telefonleitungen geeignet. Tabak, Tee und Holz sind das Hauptgeschäft.  Qualitativ hochwertiger Hanf, eine der ältesten Nutz- und Zierpflanzen, gedeiht hier ebenso prächtig. Anbau und Verarbeitung der Cannabisblüten zu Marihuana sind illegal. Deshalb wird Hanf oft abseits der Straßen, von Mais oder anderen Kulturpflanzen getarnt, angepflanzt.

Bevor ich in meiner neuen Unterkunft, der Mzuzu Coffee Lodge, Quartier beziehe, improvisiert die Wirtin trotz verspäteter Ankunft noch und bereitet uns Bratfisch mit Chips (Pommes) zu.  Am Straßenrand hat Boston noch etwas Gemüse für seine Mutter direkt beim Erzeuger gekauft.  Auf diesem Gemüsemarkt herrscht 24h Betrieb.  Auch in der Dunkelheit ab 18:00Uhr wird bei Taschenlampenlicht weiter gehandelt und gefeilscht, bis man sich einig wird und die Tomaten, Zwiebeln und Kohl im Kofferraum verstaut sind. Die Dorfbewohner bzw. die Frauen der Familien sind hier am Straßenrand bei ihrer Ware ständig anwesend, damit die Kunden jederzeit bedient werden können. Eine von vielen Arbeiten rund ums Haus und die Ernährung der Familie, die übrigens, wenn nicht ausschließlich, von Frauen erledigt wird. Ich erfahre, dass Männer zu dieser Zeit meist daheim beim Biertrinken oder anderswo sind. Frauen ohne Bildung haben es in Malawis ländlicher Gesellschaft schwerer und werden in vielerlei Hinsicht benachteiligt. Polygamie ist üblich und scheiden lassen kann man sich hier auch ohne Richter. Wer dabei nur allzu oft den Kürzeren zieht, mag man sich denken. 

Mzuzu Central Hospital

Boston ist Beamter. Das heißt, als Orthopäde und Unfallchirurg bezieht er sein Gehalt von der Regierung. Die Regierung bzw. das Gesundheitsministerium legt fest, wo man als Arzt eingesetzt wird.  Obwohl Bostons Familie in Lilongwe lebt, arbeitet er in Mzuzu und pendelt an dienstfreien Wochenenden.  Den beschwerlichen Weg hierher habe ich bereits beschrieben. Die hügelige Landschaft ist hier um ein Vielfaches schöner und das Klima deutlich kühler, so dass es sich hier prinzipiell gut leben ließe.

Heute zeigt mir Boston seine Klinik und ein kleineres District Hosptial, an dem er monatlich eine Sprechstunde abhält und behandelt. An der Zufahrtsstraße hat sich ein Zimmermann niedergelassen und bietet Särge an.  Vielleicht etwas makaber, aber in Afrika üblich. Nun ja, die Nähe zur Kundschaft macht auch unter diesem Gesichtpunkt Sinn.

Vor Ort wird Boston von drei sogenannten Orthopaedic technicians unterstützt.  Diese Mitarbeiter haben eine dreijährige medizinische Grundausbildung absolviert und sind angelernt, einfache operative Maßnahmen oder ambulante Behandlungsmaßnahmen auch während Bostons Abwesenheit selbstständig vornehmen zu können. Der tägliche Betrieb wird auf diese Weise am Laufen gehalten. Boston ist der einzige Orthopäde und Unfallchirurg im ganzen District.

Es gibt nur wenige Krankenschwestern.  Die Angehörigen müssen bei der Pflege mithelfen. Sonst wäre die Arbeit nicht zu bewältigen.  Die Kranken liegen nach Geschlecht getrennt in Mehrbettzimmern mit 20 Betten oder mehr. Bei uns beschweren sich die Leute über einen Bettnachbarn, der schnarcht...

Die Dienstwohnung ist ohne jeden Komfort. Das kleine Appartement mit Kochecke liegt in den klinikeigenen Wohnanlagen auf dem Campus.  Bis auf einen monatlichen Beitrag für Strom und Wasser (ca. 20Euro) wird die Unterkunft für Boston von der Regierung kostenlos zur Verfügung gestellt.

Behandlung

Eine Krankenversicherung als solche gibt es hier nicht. Private Zimmer sind verfügbar, können aber trotz erschwinglicher Preise nur selten bezahlt werden. Die Behandlung im Mzuzu Central Hospital, eines der fünf größeren Government Hospitals, ist für die Bevölkerung kostenlos und wird aus öffentlichen Geldern finanziert. Da es an allen Enden und Ecken apparativ, finanziell und auch personell fehlt, muss man mit einfachsten Mitteln und Methoden irgendwie zurecht kommen.  Frakturen werden überwiegend konservativ behandelt.  Jetzt ist Manogzeit. Kinder klettern in die Kronen der hohen Bäume, da die Früchte ganz oben zuerst reif sind. Hochsaison für kindliche Oberarm- und andere Frakturen, der aus den Mangobäumen gefallenen jugendlichen Unfallopfer.  In Mecklenburg findet sich ein ähnliches Phänomen zur Erntezeit der Kirschen. Der einzige Unterschied: Das Alter.  Letztes Jahr habe ich mindestens zwei rüstige Rentner von 75 und 80 Jahren behandelt, die die süßen Früchte den Staren nicht kampflos überlassen wollten.

Nur offene, wirklich schwere Verletzungen mit Weichteilschäden werden primär operiert.  Implantate sind ein kostbares Gut und  komplexen Verletzungen vorbehalten. Digitales Röntgen ist vorhanden, jedoch kein CT oder MRT.  Der einzige Bildwandler im OP ist seit Monaten defekt. Die Reparatur wurde seit längerem beauftragt – bisher ist jedoch noch nichts geschehen. Für Boston nichts Neues. Ersatzteile und technisches Know-how fehlen bzw. müssen aus dem Ausland angeschafft werden.

Wirbelsäulenchirurgie findet in Malawi überhaupt nur an einem einzigen Krankenhaus in Blantyre im südlichen Landesteil statt.  Boston ist gut ausgebildet und hat ein Spine Fellowship absolviert.  Er würde seinen Patienten gerne mehr helfen und hat dazu unzählige Briefe an den Gesundheitsminister geschrieben.  Darin beschrieben sind mögliche Wege und notwendige Ressourcen.  Gefruchtet hat dies alles bisher nichts. Das notwenige Material kann oder soll nicht nach Mzuzu verbracht werden.

Die Möglichkeiten und sinnvoller Einsatzort für einen Wirbelsäulenchirurgen wären in Lilongwe wahrscheinlich besser. Hier gäbe es zumindest ein paar Implantate und Instrumente.  Das Material befndet sich jedoch an einem anderen Klinikum. Es wurde von  Norwegern bereitgestellt und liegt ungenutzt herum. Ohne behördliche Genehmigung können Gerätschaften und Material aber nicht ohne weiteres an ein anderes Krankenhaus verbracht werden.  Also weiter warten und hoffen, dass sich die Situation bald bessert. Ein bisschen Gottvertrauen ist wahrscheinlich auch notwendig. Jedenfalls verkündet dieses Werbebanner schon mal verheißungsvoll: "Breaking News - Jesus is coming soon!". Fragt sich nur wann?

Nyika National Park

Nyika National Park

30% zeigt die Ladezustandsanzeige meines Laptops nach 2 Tagen im Nyika National Park. Zurück in Mzuzu kommt mir das Zimmer in meiner neuen Unterkunft, der komfortablen Chatonda Lodge, wie ein 5-Sterne Hotel vor.  Die gestrige Nacht verbrachten wir in einer afrikanischen Jugendherberge. Auch hier wieder kein Strom. Sämtliche elektronischen Geräte laufen auf „Reserve“. Mal sehen, ob es für diesen Eintrag noch reicht.

Der Auflug führte uns in den ältesten, durchschnittlich 2000m über dem Meeresspiegel gelegenen 3134km2 großen Nyika Park mit  unberührten Urwäldern und Savannenlandschaft.  Im Park gedeihen 200 Orchideen- und weit über 100 verschiedene Säugetier- und 400 Vogelarten leben hier.

In meinem Reiseführer steht, dass es im Park nur eine Übernachtungsmöglichkeit gäbe. Eine echte Falschinformation. Auf Nachfrage bei der malawischen National Park and Wildlife Organisation zeigt sich, dass Reisenden im gleichnamigen Camp ebenso Lodgie geboten wird. Der Unterschied liegt im Preis und der Ausstattung der Unterkünfte. Die zugegeben wirklich luxuriösen  Logdes des einzigen im Park operierenden "Monopolisten", der Central Afrikan Wilderness Safaris Company, kosten einschließlich Verpflegung mit unterscheidlichen Angeboten von Outdoor-Aktivitäten (Biking, Fishing, Day and Night-Game drives usw.) 170€ pro Nacht und Person. Die Unterbringung in der parkeigenen Herberge kostet dagegen pro Nacht und Person nur 2,50€ für eine Pritsche. Ein spartanisch ausgestattetes Zimmer bekommt man für 5Euro, wenn man nicht gerade mit 5 Stunden Verspätung um Mitternacht im Camp ankommt.

Voraussetzung für unser selbst gebasteltes, nicht-kommerziell organisiertes Abenteuer zum Betreten des Parks sind 10$ Eintrittsgebühr und ein Ranger der Parkverwaltung. Ohne professionelle Begleitung eines Rangers kommt man nicht rein. Also engagieren wir Mr. Chowes, einen uniformierten, sympathischen Mittfünfziger und nehmen ihn in Mzuzu an Bord. Los geht’s. Unser Ziel liegt zwar nur 150km nördlich, soll aber mehr als 8h Fahrzeit in Anspruch nehmen. Das Auto kommt an seine Grenzen. 100km Wegstrecke ohne Asphalt über Stock und Stein, mal Sand, mal Schlamm. Die Straße ist durch mehr oder weniger große Rinnsale nach den heftigen Regenfälle stark mitgenommen und wurde drei Jahre lang nicht ausgebessert. Alleine für die letzten 40km im Park brauchen wir 4h und bedauern zutiefst, die Tour nicht wie ursprünglich geplant, mit einem 4x4 Geländewagen in Angriff genommen zu haben. Kurz vor dem Ziel ist endgültig Schluss. Diese letzte Anhöhe mit wieder mal schlammigem Boden in einem Waldstück sind zu viel für den kleinen Toyota. Ende im Gelände!  Also aussteigen und zu Fuß weiter. Noch 2km bis zum Camp. Es ist bereits 22:00Uhr und stockduster.  Zuvor haben wir im Scheinwerferlicht schon einige Roan Antilopen und Zebras gesehen, die hier herumschleichen. Warzenschweine, Leoparden, Hyänen, ca. 150 Elefanten und 40 verschiedene Schlangenarten gibt es übrigens auch. Es kommt wie es kommt. Als wir an der Lodge ankommen ist natürlich bereits alles dunkel und verschlossen. Also zurück durch die Nacht und wieder zum Auto. Bostons Kopflicht mit einer starken Halogen-Lampe, die er sonst im OP benutzt, ist spitze.  Das Auto bekommen wir im Rückwärtsgang mit kräftigem Schiebem wieder frei. Nach weiteren 1-2 km landen wir an den Baracken der Camp-Angestellten. Diese Hütten als Häuser zu bezeichnen wäre Hochstapelei. Dort finden wir zum Glück noch jemand, der uns in die Jugendherrberge lässt. Um Mitternacht legen wir uns in Klamotten auf einfachsten Pritschen mit dünner Decke schlafen.  Nachts wird es ziemlich kühl. Ein echtes African Advanture.

Wildlife

Wildlife

Der nächste Tag mit einer geführten Fotosafari entschädigt für die Mühen der nächtlichen Anreise und der noch bevorstehenden Rückfahrt:  Wir bekommen ein schmackhaftes Lunch, das über dem offenen Feuer zubereitet wird und genießen den Anblick vieler zutraulich wirkender Wildtiere, die in kleinen Gruppen umherziehen. Für Gäste mit ausreichend Liquidität steht dem Chelinda Camp ein nahegelegener Airstrip mit Graspiste zur Verfügung.  Die Flora und Fauna des atemberaubenden Nyika Plateaus mit seiner Savannenlandschaft und den schier endlos wirkenden sanften Hügeln, begeistern mich total.

Als Jäger kommt man bei diesem Anblick leicht auf "dumme Gedanken", aber die Jagd im Nationalpark, wie im gesamten Land  Malawi, ist prinzipiell verboten. Trotzdem wird fleißig gewildert. Unser Guide erzählt, dass er mit seinen Kollegen im vergangenen Jahr 15 Wilderer ertappt hat und fassen konnte. Die Ranger sind bei ihrer nicht ganz ungefährlichen Arbeit übrigens mit automatischen Waffen und anderem Kriegsgerät (Nachtsichtgeräte, schusssichere Westen usw.) ausgestattet. Wilderei wird mit mehrjährigen Gefängnisstrafen geahndet. Trotzdem treiben Wilderer im Park mit selbstgebastelten Schusswaffen ihr Unwesen. Elfenbein und Bush-Meet sind lukrativ und werden auf dem Schwarzmarkt verhökert.

Landleben

Landleben

Ich habe im Nyika Park nicht nur viel gesehen, sondern während der Fahrt mit Tempo 5-20km viel Zeit gehabt für interessante Gespräche. Boston und der Park-Ranger haben mir von Ihrer Jugend und dem ländlichen Leben in Malawi erzählt. Dass Boston seine Jugend auf dem Land ohne Strom und unter einfachsten Bedingungen verbracht hat, erwähnte ich bereits.

Bostons Familie stehen heute alle durch zwei überdurchschnittliche Akademiker-Einkommen erarbeitete Annehmlichkeiten eines Hauses in der Stadt für ein verhältnismäßig gutes Leben in Malawi zur Verfügung. Trotzdem bewirtschaften Bosten und seine Frau  auch heute noch einen Teil des Ackerlandes, den ihnen der Schwiegervater zur Eigennutzung überlässt. Sie bauen dort Mais und Soja eigenhändig an. Die Ernte liefert der Familie die Grundnahrungsmittel. Überschüsse werden an Familienangehörige und Freunde verschenkt oder auf dem Markt verkauft. Das Einkommen wird damit etwas aufgebessert. Mais bringt aktuell 150MK pro Kilo. Die Nachfrage nach Sojabohnen ist größer und der Erlös für Soja entsprechend zwei- bis dreifach höher als für Mais.

Zur Verbesserung der Lebensumstände auf dem Land braucht es vor allem drei Dinge: Zuerst eine Stromleitung, dann eine befahrbare Straße und zuletzt Bildung. Ohne dies sind auch beträchtliche Geldsummen diverser Hilfsorganisationen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Werden Spenden nicht nachhaltig eingesetzt oder versickern in den Taschen korrupter Politiker und unterbezahlter Regierungsangestellter, kommt bei den kleinen Tabak-, Kaffee-, Tee-, Mais und Soja-Farmern und deren Familien nicht genug an. Substantiell verbessert wird auch nichts. Wie man sich güstig gebrauchte Handys aus China besorgt oder Prepaid-Karten für Telefonie und Internet einer der beiden Mobilfunkanbieter hier im Busch nutzt, lernen die Leute auch ohne fremde Hilfe und Rechtschreibkenntnisse erstaunlich schnell. 

Unterstützung durch konkrete Projekte und Know-how in Zusammenarbeit mit vertrauensvollen Partnern vor Ort wäre besser. Zum Beispiel durch Mithilfe beim Aufbau einer wirbelsäulenchirurgischen Abteilung?

Rückfahrt M5

Das Auto hat den Ausflug in den Nyika Nationalpark nicht ohne Blessuren überstanden. Boston bringt den Wagen zu seinem Mechaniker des Vertrauens.  Der Fachmann stellt fest, dass der Krümmer bzw. die Auspuffanlage von einem Stein o.Ä. verbogen wurde und beim Beschleunigen oder auf holperiger Straße nun an das Getriebe schlägt.  Der Wagen muss repariert werden und unsere Rückfahrt nach Lilongwe verzögert sich einen Tag.

Abends holen wir Bostons Mutter für ein gemeinsames Abendessen ab.  Sie ist Witwe und lebt in einem sehr dicht besiedelten Stadtteil in einem kleinen Häuschen mit zwei weiteren Familienangehörigen unter einem Dach.  Im Schuppen hinter dem Haus zieht sie ein paar Hähnchen auf, die nach ca. sechs Monaten schlachtreif sind. Die Hühner werden für 3000MK in der Nachbarschaft verkauft. In Malawi wird das Federvieh grundsätzlich nur am „Stück“ und lebend verkauft.

Eine Witwenrente oder Ähnliches gibt es nichts, so dass sie auf die finanzielle Unterstützung ihrer Kinder angewiesen ist. Bostons jüngste Schwester ist Primary School Teacher. Nachdem ihr Ehemann verstarb, reicht ihr Gehalt als Lehrerin nicht aus, um die Tochter auf eine vernünftige Schule zu schicken.  Auch sie wird deshalb von Boston finanziell unterstützt. Das Schulgeld beträgt alle drei Monate 260€. Die eigene Familie ist in Malawi die Basis und das soziales Auffangnetz, wenn man gesundheitliche oder finanzielle Probleme hat. 

Für den Weg zurück nach Lilongwe wählen wir die M5. Die Straße ist in einem sehr schlechten Zustand und wird jährlich zur Regenzeit durch reißende Flüsse, die in den See münden, mindestens an einer Stelle komplett zerstört. Auch die vielen kleinen Brücken sind teilweise in einem erbärmlichen Zustand.  Ich bin jedes Mal froh, wenn wir heile auf der anderen Seite sind. Mit dieser Fahrt, vorbei an großen Zuckerrohrplantagen, weißen Stränden, Fischerdörfern, schicken Lodges und nochmal einem letzten Ausblick auf diesen großen See endet meine Reise.

Morgen früh wird der Koffer ein letztes Mal gepackt und ab zum Flughafen.

Spenden* & Support

Ich werde Dr. Boston Munthali weiter unterstützen.  Sein Ziel ist, wirbelsäulenchirurgische Eingriffe für Patienten vor Ort anzubieten. Dr. Munthali ist dazu bereits gut ausgebildet. Die Regierung kann jedoch die notwendigen Rahmenbindingungen bzw. Finanzmittel zur Zeit nicht bereitstellen.

Durch den persönlichen Kontakt können Schenkungen direkt und ohne Umwege an Dr. Munthali weitergegeben werden.  Auch Sachmittel wie zum Beispiel chirurgische Instrumente und Implantate sind willkommen: 

Konto: Dt. Apotheker und Ärztebank, IBAN: DE0530 0606 0100 0160 2993, BIC: DAAEDEDDXXX, Verwendungszweck: Malawi

Besonders freuen würden ich mich über Ihre Anregungen und Erfahrungen. Sie erreichen mich per Email oder telefonisch unter der Nummer: +49.381.4401.8443. 

*Anmerkung:  Ein Spendenbescheinigung gemäß § 10b Einkommensteuergesetz (EStG) kann aktuell nicht ausgestellt werden.  Bei Ihren Zuwendungen handelt es sich rechtlich gesehen um Schenkungen, die nicht steuerlich absetzbar sind.  Benötigen Sie ein Zuwendungsbestätigung/Spendenbescheinigung ist vorgesehen, eine Freistellungsbescheid bzw. steuerbegünstige Anerkennung beim Finanzamt zu beantragt. 

                             -------------------------------------------------------------------------------------------------------

 

2. Teil: Gegenbesuch & Hospitation

Ankunft

Drei Monate nach meiner Reise nun der Gegenbesuch in Deutschland. Dr. Munthali wird Deutschland das erste Mal besuchen. Geplant ist eine Hospitation am Klinikum Südstadt in Rostock in der Wirbelsäulenchirurgie. Natürlich möchte ich meinem Kollegen auch unsere Heimat, Land und Leute sowie ein wenig von unserer Kultur näher bringen.

Nach einer langen Anreise von Lilongwe über Nairobi mit Zwischenstop in Istanbul empfange ich Dr. Muthali am Hamburger Flughafen. Am nächsten Tag Besuch der Hansestadt Bremen und einiger Sehenswürdigkeiten.

Werksbesichtigung - Chirurgische Instrumente und mehr...

In Norderstedt bei Hamburg folgen wir der Einladung zur Werksbesichtigung bei einem der größten deutschen Hersteller orthopädisch-wirbelsäulenchirurgischer Implantate und chirurgischer Instrumente, die alle in Hamburg gefertig und weltweit verschickt werden. Wir sehen das Werksgelände, die Produktionsstätten und werden von einer kompetenten, freundlichen Mitarbeiterin umfassend über die Herstellung qualitativ hochwertigen Endoprothesen "Made in Germany" informiert.

Norddeutsche Küche meets Malawian Cooking

Orthopäden können nicht nur mit Hammer und Meißel umgehen sondern auch mit dem Kochlöffel.

Nach der Arbeit in der Klinik verbringen wir etwas Zeit mit Freunden und der Familie. Gutes Essen und anregende Gespräche gehören zu einem Austausch einfach dazu!

Klinikum Südstadt Rostock

Gesunde Stadt. Gesunde Einstellung“ lautet das Motto anlässlich der 800-Jahrfeier Rostocks.

Dr. Munthali lernt unser Klinikum aus erster Hand kennen. Die Hospitation wird von Dipl. Kfm. Steffen Vollraht (Verwaltungsdirektor) und Dr. Westphal (Chefarzt) unterstützt.

Wir sind das städtische Krankenhaus Rostocks.  Das Klinikum ist in der medizinischen Landschaft Mecklenburg-Vorpommerns seit 53 Jahren fest etabliert.  Dr. Munthalis Schwerpunkt der Reise ist eine Hospitation in der Wirbelsäulenchirurgie, die von Dr. Reinhold seit 2014 geleitet wird. Die Wirbelsäulenchirurgie ist seitdem fester Bestandteil der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Handchirurgie geworden.  Eine gute Zusammenarbeit mit Kollegen aus dem niedergelassenen Bereich ist uns wichtig, um unsere Patienten vor, während und nach dem Klinikaufenthalt bestmöglich versorgt zu wissen.  Wir bieten ein großes Therapiespektrum für fast alle orthopädisch-degenerativeren-, onkologischen- und angeborenen Wirbelsäulenerkrankungen an. Dazu werden traumatische Verletzungen der Wirbelsäule rund um die Uhr versorgt.

Wirbelsäulenchirurgie in Deutschland

Natürlich haben wir im deutschen Gesundheitswesen andere Ressourcen und Möglichkeiten zur Verfügung als öffentliche Krankenhäuser in Malawi.  Dr. Munthalis größtes Problem ist, dass es nicht nur an speziellen Wirbelsäulenimplantaten, sondern teilweise auch noch an einer guten Basisausstattung im OP mangelt. Implantate sind Mangelware und werden nur für "schwere" Verletzungen verwendet.

Wirbelsäulenchirurgie wird deshalb heute in Malawi praktisch nur in der Hauptstadt von einigen wenigen einheimischen Spezialisten mit ausländischer, finanzieller Unterstützung angeboten.  Dr. Munthali möchte dies ändern und ist um den Aufbau einer Wirbelsäulenchirurgie im Norden des Landes, dem Mzuzu Central Hospital, bemüht.  Das chirurgische Know-how hat er sich durch ein berufsbegleitendes Fernstudium und Hospitationen an unterschiedlichen wirbelsäulenchirurgischen Schwerpunktkrankenhäusern angeeignet.

Sein besonders Interesse bei uns gilt den minimal-invasiven Verfahren.  In Rostock hat er Gelegenheit, mehr über perkutane Instrumentation mit kanülierten Pedikelschrauben, minimal-invasiven Verfahren zur Behandlung osteoporotischer Frakturen durch die Zementaugmentation und thorakoskopisch-assistierten Verfahren (Wirbelköperersatz) zu erfahren.

Ende der Hospitation - Beginn einer Freundschaft

14 Tage sind schnell vergangen.  Den letzten Abend verbringen wir bei einem gemeinsamen Abendessen mit Blick auf den Rostocker Hafen.  Die Sonne geht bei uns um 20:30Uhr unter.  In Malawi ist es längst dunkel.

Dr. Munthalis erster Deutschlandbesuch und diese Hospitation gehen zu Ende – unsere Freundschaft nicht. Wir möchten unsere Zusammenarbeit vertiefen. Hier und dort gibt viel zu tun und zu entdecken.

 

Dr. Maximilian Reinhold

Rostock im August 2018